Wir begannen unseren Tag mit einem Obstfrühstück auf dem Kirchplatz. Gestern hatten wir Bananen und Papayas geschenkt bekommen. Diese Art des Frühstücks machte die morgendliche Idylle in unserem Dörfchen perfekt.
Im Gebäude der Genossenschaft PROCAP lassen wir uns von Louis ihr neues Computersystem zeigen. Für uns ist die Implementierung dieses Systems auch notwendig, um die EUDR Richtlinien einhalten zu können. Mit Hilfe dieses Systems ist jeder Sack Kaffee, der eingebracht wird für uns nachvollziehbar auf seiner gesamten Strecke. Hinterlegt sind unter anderem die Daten zu den Produzierenden, den Zertifizierungen und der Flächen auf der der Kaffee angebaut wurde. Jeder Kaffee der eingebracht wird, wird mit einem Code versehen. Dieser Code wird dann gemeinsam mit Basisinformationen auf den Säcken angenäht. Wir gingen mit einem beruhigten Gefühl heraus und sind uns sicher, dass wir es gemeinsam mit den Genossenschaften hier schaffen, den Richtlinien gerecht zu werden und auch in Zukunft Kaffee von hier importieren können.
Unser heutiger Ausflug zu einer Kaffeefinca führte uns zu einer Nachbargemeinde des gestern besuchten Cochas. Ulivio ist ein neuer Produzent, der erst dieses Jahr eine Genossenschaft eingetreten ist. Ulivio hat Land gekauft, das von den Vorbesitzern zu einer Wüste heruntergewirtschaftet wurde und darauf Kaffee gepflanzt. Es war so kaputt, dass fast kein natürlicher Bewuchs mehr vorhanden war. Zuerst hat der Bäume gepflanzt und zwei Jahre später Kaffee. Der Kaffee trägt nun erste Früchte. Ulivio arbeitet so überzeugend organisch, dass die Bio-Zertifizierer überlegen, seine Umstellungszeit auf Bio-Anbau von drei auf zwei Jahre zu verkürzen.
Noch wichtiger als Kaffee sind für Uivio allerdings die Wildbienen. Er ist Initiator eines Wildbienenprojektes, an dem mittlerweile hier in den Landkreisen 330 Familien teilnehmen. Ulivio hat ein Wildbienenmuseum bei sich eingerichtet. Seine Kaffeefinca beherbergt 18 verschiedene Arten von Wildbienen. Allesamt ohne Stachel und allesamt Honig produzierend. Wir bekamen die Gelegenheit, Honig von 9 verschiedenen Arten von Wildbienen zu probieren. Die wenigsten davon erinnerten auch nur an den Geschmack von Honig von denn bei uns in Europa üblichen Honigbienen. Eine sensorische Offenbarung für uns drei erfahrene Kaffeeverkoster.
Der Zusammenhang von intakter Natur dem Verzicht auf den Einsatz von Agrargiften und dem Lebensraum von Insekten ist hier eindrucksvoll zu erkennen.
Nach diesem Besuch verabschiedeten wir uns von den Kolleginnen von der PROCAP und machten uns auf den Weg nach Osten, zur Kooperative PROCAFEQ. Ungefähr fünf Stunden fuhren wir über verschiedene Andenpässe und durch tiefe Täler. Unter anderem viele Kilometer durch intakte Wälder, die momentan aufgrund der Trockenzeit kein Laub tragen. Später dann ungefähr 20 km entlang eines völlig zerstörten Flusslaufes. Die Gier nach Gold richtet hier Verheerungen an, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. Die Flusstäler werden auf einer Breite von bis zu 100 m komplett umgegraben. Zum Auswaschen des Goldes wird häufig Quecksilber genutzt. Sämtliches Leben in den Flüssen zerstört.
In Quilanga angekommen begaben wir uns sofort in das Hotel, indem wir auch letztes Mal beherbergt wurden. Darauf hatten sich Max und ich schon vor der Reise gefreut.
Sehr bedrückend und besorgniserregend ist, dass hier seit acht Tagen ein riesiger Waldbrand wütet, der bisher schon 9000 Hektar Wald und 200 Hektar Kaffee Fincas vernichtet hat. Darunter auch die des Verwalters der Kooperative, Victor.
Das Gelände, in dem der Waldbrand wütet, ist so unzugänglich, dass es unmöglich ist, mit Fahrzeugen auch nur in seine Nähe zu kommen. Löschflugzeuge oder Helikopter gibt es nicht. Tausende verzweifelte Menschen versuchen mit bloßen Händen Schneisen in den Wald zu schlagen und Gegenfeuer zu legen. Trotzdem breitet sich der Brand immer weiter aus und ist von hier aus keine 5 km entfernt zu sehen. Hunderte Kaffeefincas sind von dem Feuer bedroht.
Erster Tag in Ecuador, Kooperative PROCAP

Für den ersten Tag in Ecuador hatten wir den Besuch bei der Kooperative PROCAP geplant. Diese liegt ganz im Süden Ecuadors im westlichen Andenvorland.
Aufgrund der Zeitverzögerung waren wir schon sehr früh wach und fuhren um 6 Uhr morgens los. Unterwegs machten wir an einem Straßenstand einen Stopp und aßen eine Encebollada. Nach ungefähr drei Stunden Fahrt parallel zur Küste ging es dann hinein in die Anden.
Wir kamen zwei Stunden früher als geplant bei der PROCAP an. Luis, der junge Verwalter der Kooperative erwartete uns aber schon. Die Ernte in dieser Region Ecuadors ist schon komplett abgeschlossen und die letzten geernteten und getrockneten Kaffees der einzelnen Mitglieder wurden in den letzten Tagen in die Bodega der Kooperative gebracht. Das Entpulpen und die Trocknung der Kaffees geschehen hier dezentral bei den einzelnen Mitgliedern. Dementsprechend besteht das Lagerhaus der Kooperative nur aus einem sehr großen Raum und Büros. Ungefähr 250 Säcke standen hier noch ordentlich beschriftet mit den jeweiligen Daten zu Sorte, Erntezeitpunkt, Name des Produzierenden und der Finca usw. 900 Säcke wurde bereits in den letzten Monaten zum Kooperativenverband FAPECAFES weitertransportiert. Die erwartete Erntemenge von 900 Sack wurde also um ca. 250 Säcke übertroffen.
Die genaue Erfassung und Protokollierung der Daten ist aufgrund der neuen europäischen Entwaldungsrichtlinie unbedingt notwendig. Kaffee kann, genauso wie viele andere Agrarprodukte, ab dem kommenden Jahr nur noch in EU eingeführt werden, wenn detailliert erfasst wurde, dass auf den Flächen auf denen sie angebaut wurden in den letzten fünf Jahren keine Entwaldung stattgefunden hat. Dieses Gesetz hat sicher eine gute Intention, es ist aber ein Bürokratiemonster. Die notwendigen Schritte zu besprechen, um diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern, ist ein wesentlicher Grund und die wichtigste Aufgabe auf unserer Reise. Bei dieser Kooperative sieht es auf jeden Fall so aus, als ob sie auf einen guten Weg dazu ist.
Im Nachbardorf Mercadillo nahmen wie ein Mittagessen zu uns. Die lokalen Spezialitäten hier sind geräucherte Wurst und geräucherter Speck. Diese kommen dann noch einmal auf den Grill und werden gemeinsam mit Reis und Hülsenfrüchten serviert.
Nach dem Essen fuhren wir gemeinsam los zu einem Produzenten der Basisgruppe des Dorfes Cochas de Ciano. Manuel Grande hat hier vor 6 Jahren drei Hektar ehemaliges Weideland zu einer Kaffeefarm verwandelt. Es ist beeindruckend, die Fläche, auf der nun Kaffee angebaut wird im direkten Kontrast zu den benachbarten Weideflächen zu sehen. Die Kaffeepflanzen stehen im Schatten von über 20 verschiedenen Nutzbäumen. Vom Kaffee aus gesehen sieht die Weidefläche aus wie das was sie ist: nahezu totes Land. Von der Weidefläche aus betrachtet sieht die Kaffeefarm aus wie Wald. Das ist schön.
Die Pflanzen von Manuel sehen alle sehr gesund aus und haben dieses Jahr einen hohen Ertrag gebracht. Manuel hat hier auch einen Vorteil: er hat eine Quelle auf seinem Grundstück und kann damit künstlich bewässern. Dieses Jahr herrscht hier in den letzten zwei Monaten eine starke Trockenheit. Damit der Kaffee jetzt zur Blüte kommt, müsste es in den nächsten sechs Wochen anfangen zu regnen. Falls dies nicht so sein sollte, ist Manuel damit auf der sicheren Seite.
Alle Kaffeefarmen die wir hier im Dorf sehen konnten werden eindeutig ökologisch bewirtschaftet. Auch konnten wir nirgends den Einsatz von Glyphosat anhand der durch dieses Gift verursachten ökologischen Zerstörungen beobachten.
Wie so häufig wurden wir auch auf dieser Finca gut bewirtet. Wir bekamen verschiedene Früchte die zwischen den Kaffeepflanzen wachsen. Zum Beispiel diverse Zitrusfrüchte und Papaya. Außerdem frisch gepressten Zuckerrohrsaft und Honig von Wildbienen. Verschiedene Wildbienen (meist ohne Stachel) werden gerne als Hilfe zur Bestäubung der Kaffeepflanzen eingesetzt. Angelockt werden sie durch Zitrusbäume. Bereitgestellte Holzkisten mit Einfluglöchern oder auch nur Dosen nutzen sie gerne als Platz für ihre Bienenstöcke. Und sie produzieren tatsächlich auch noch sehr guten Honig.
Nachmittags besuchten wir noch den berühmten versteinerten Wald von Puyango. Bis zu 60 m lange versteinerte Baumstämme liegen hier als Fossilien herum.
Abends saßen wir noch eine Kleinigkeit in einer sehr schönen Bar mit herausragender Aussicht auf die Anden. Ich entschied mich für Tigrillo.
Danach fuhren wir wieder ins benachbarte Dorf Mercadillo. Dort gibt es direkt am Dorfplatz neben der Kirche gelegen ein modernes und sehr komfortables Hotel. Sehr müde ging es früh ins Bett.








Ecuador Tag 1, Anreise

Bereits zum zweiten Mal dieses Jahr mache ich mich auf den Weg nach Ecuador. Nachdem wir im Winter die Robusta Kooperativen im Amazonastiefland besucht haben, geht es jetzt zu den vier Arabica-Kooperativen PROCAP, PROCAFEQ, APECAP und ACRIM und zum Kooperativen Verband FAPECAES. Diese befinden sich im Süden Ecuadors nahe der Grenze nach Peru.
Die Reise mache ich Begleitung von Max von unserer befreundeten Kaffeerösterei Avenir und Michael von prem frischkaffee aus Wien. Mit beiden Kollegen war ich schon mehrfach in Ecuador unterwegs und freute mich auf diese Reise mit ihnen.
Unser letzter Besuch bei den Kooperativen im Süden Ecuadors ist ungefähr ein Jahr her. Es ist also wieder an der Zeit hierher zu kommen. Unsere Reisen zu den Kooperativen dienen in erster Linie einen Austausch von unseren jeweiligen Wünschen und Erwartungen. Wir schauen, ob das, was wir letztes Jahr besprochen haben, auch umgesetzt werden konnte und was gegebenenfalls noch nötig ist, um das zu erreichen. Außerdem geht es darum, durch den persönlichen Kontakt auf den Reisen, des gegenseitige Vertrauen weiter auszubauen und von den jeweiligen Entwicklungen mitzubekommen.
Unsere Anreise verlief unspektakulär. Nachdem Max und ich uns schon in Hamburg am Flughafen getroffen hatten stieß Michael in Amsterdam zu uns. Aufgrund eines defekten Flugzeuges mussten wir in Amsterdam 3 Stunden zusätzliche Stunden auf Ersatz warten und flogen verspätet ab. Der Flug ging über Quito, nach den 12 Stunden Flug dorthin mussten wir kurz aus- und wieder einsteigen und flogen direkt weiter nach Guayaquil. Ausnahmsweise klappte dort auch die Abholung des Mietwagens ohne Probleme. Nach unseren letztjährigen Horror-Erfahrungen mit Europcar mieteten wir dieses Jahr bei Localiza, einer brasilianischen Vermietungsfirma.
Leider war es durch die Verspätung des Fluges bereits dunkel, wir entschieden uns trotzdem, schon aus Guayaquil herauszufahren. Die Stadt ist zu großen Teilen unter Kontrolle von Kartellen und die allgemeine Stimmung hier ist von Angst geprägt. Niemand geht mehr bei Dunkelheit auf die Straße. Dementsprechend fuhren wir um 19 Uhr abends durch eine Geisterstadt. Wir nahmen uns zwei Stunden weiter südlich ein schmuddeliges Hostel im Städtchen Naranjal.