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Aroma Zapatista und La Gota Negra in Kolumbien, 5. Tag

Heute sind wir begleitet von der CENCOIC in das indigene Selbstverwaltungsgebiet San Lorenzo de Caldono gefahren. Dort haben wir die Produzent*innen-Gruppe ASPROLE getroffen haben. Von der Landstraße Panamericana abgebogen, ging es über die Berge, vorbei an vielen Kaffeepflanzungen über einen Fluss und wieder hoch in die Berge. Als wir in der Lagerhalle von ASPROLE ankamen, erwarteten uns unter anderem eine Kindermusikgruppe mit Gitarren, Panflöte und Trommeln. Alle haben zu ihren Liedern mitgesungen und mitgetanzt.

Nacheinander stellten die vier Koordinator*innen der Produzent*innen-Gruppe sich und ihre Gruppe vor. ASPROLE ist mit 350 Mitgliedern eine der größten Gruppen der CENCOIC. Neben der großen Lagerhalle mit Büroraum haben sie ein kleines Labor aufgebaut, in dem die Kaffee-Qualität direkt bei Ankauf getestet werden kann.

Außerdem begrüßten uns eine der zwölf gewählten Vertreter*innen des indigenen Selbstverwaltungsgebietes San Lorenzo, in dem rund 15.000 indigene Nasa sich basisdemokratisch selbst regieren, sowie eines der Ratsmitglieder von „Sa‘th Tama Kiwe“, der Vereinigung der sechs Selbstverwaltungsgebiete im Landkreis Caldono. Um auszudrücken, was das indigene Selbstverständnis ihrer Arbeit ausmacht, sagte einer der anwesenden Amtsträger*innen: Wir denken mit dem Herz und arbeiten für das Vorankommen unserer Gemeinden.

Die Amtsträger*innen sowie Vertreter*innen der Jugendgruppe und der Frauengruppe des Selbstverwaltungsgebietes berichteten uns auch über die derzeitige Situation, ihren Widerstand und ihre beeindruckende Organisierung. Wie in vielen Regionen des Cauca, kämpfen verschiedenen bewaffneten Gruppen um die Kontrolle über die Gebiete und den Anbau von Pflanzungen, aus denen illegale Drogen produziert werden können. Ein großer Erfolg der Gemeinde ist, dass mit Hilfe der Guardia Indigena und der gesamten Gemeinde die Flächen des Selbstverwaltungsgebiets frei von diesen Anpflanzungen ist. Doch die bewaffneten Gruppen versuchen diesen Widerstand zu brechen.

Viele Jugendliche sind früher in die großen Städte oder in andere Regionen migrieren, um dort als Haushaltshilfen oder Tagelöhner ausgebeutet zu werden. Aktuell verdingen sich viele junge Menschen als Tagelöhner in den illegalisierten Anpflanzungen oder werden von bewaffneten Gruppen zwangsrekrutiert, oftmals weil andere wirtschaftliche Möglichkeiten fehlen. Immer wieder muss die Gemeinde Särgen mit ihren jungen Menschen in Empfang nehmen.

Die Jugendgruppe versucht, dieser Situation zu begegnen: Es fordert die Mitsprache der Jugendlichen in der Selbstverwaltung ein und stellt mittlerweile eine*n eigene*n Vertreter*in im Rat der Gemeinde. Ebenso wird durch kulturelle Aktivitäten die eigene indigene Identität und die Verbundenheit mit der Gemeinde gestärkt. Insbesondere der Erhalt der Sprache Nasa Yuwe ist der Gemeinde und der Jugendgruppe ein wichtiges Anliegen. Außerdem haben sie überall im Ortskern wunderschöne Wandgemälde gemalt und sie kümmern sich um den Schutz der Naturschutzgebiete innerhalb des Selbstverwaltungsgebietes.

Ein weiterer Ansatzpunkt der Gemeinde ist die Stärkung der eigenen, gemeindebasierten und solidarischen Wirtschaft. Es gibt unter anderem eine von der Gemeinde verwaltete Getränkefabrik, eine WhatsApp-Gruppe in der geldfreier Tauschhandel betrieben wird und überschüssige Lebensmittel verschenkt werden, eine eigene Naturheilmittelherstellung und eben die Produzent*innen-Gruppe ASPROLE. So sollen für alle Bewohner*innen des Selbstverwaltungsgebietes, aber vor allem die jungen Menschen wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen werden.

Am Nachmittag durften wir einen Ort für die Kinder und Eltern der Gemeinde kennenlernen. Dort können die kleinsten Bewohner*innen der Selbstverwaltung hinkommen und vermittelt durch ältere Gemeindemitglieder die Kultur, die Musik, die Sprache und das Weltverständnis der Nasa kennenlernen. So werden sie früh in ihrer Identität und ihrem Widerstand gestärkt. Wir haben in einer Tulpa, einem spiritueller Ort des Zusammenkommens, am Feuer mit den Kindern Lieder gesungen, und unter Anleitung eines Gemeindeältesten eine kleine Zeremonie an einem heiligen Baum, dem Saak Helu, der für die Kraft und Fruchtbarkeit der Natur steht, gemacht.

Nach einem vollen und beeindruckenden Tag sind wir dann wieder die Berge hoch und runter zur Finca der CENCOIC gefahren.

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Aroma Zapatista und La Gota Negra in Kolumbien, 4. Tag

Nach einer kurzen Fahrt zu siebt im Auto wurden wir in der Zentrale der Kaffee Abteilung der CENCOIC mit einem leckeren Kaffee wie immer sehr herzlich in Empfang genommen. Vor 2 Jahren ist die Abteilung mit Büro und Lager aus Kosten- und logistischen Gründen von Popayan in das für viele Produzent*innen-Gruppen zentraler gelegene Piendamo umgezogen.

Hernan, der Leiter der Kaffeeabteilung, präsentierte uns den Jahresbericht der Abteilung von 2024. Die gute Nachricht zuerst: die Kooperative konnte in 2024 mit 776 Tonnen deutlich mehr Pergamin-Kaffee aufkaufen als im letzten Jahr. Die schlechte: mangelnde Liquidität ist das größte Problem der Kooperative und hinderte sie daran, noch deutlich mehr Kaffee aufkaufen zu können.

Da wir die einzigen Kund*innen sind, die den Kaffee vorfinanzieren, müssen sie Kredite in Anspruch nehmen, um den Kaffee ihrer Kooperativenmitglieder aufzukaufen. Banken verlangen allerdings schwer zu erbringende Sicherheiten und die Zinsen sind sehr hoch.

Thema waren natürlich auch die im Moment sehr hohen Rohkaffeepreise. Für die Produzierenden ein Segen, für ihre harte Arbeit angemessen entlohnt zu werden, verschärft sich dadurch aber natürlich das Liquiditätsproblem für die Kooperative: Um die gleiche Menge Kaffee aufzukaufen, brauchen sie mehr Geld. Und die Angst vor einem Einbruch der Preise lässt die Kooperative beim Aufkauf sehr vorsichtig agieren, weil sie dann den teuer aufgekauften Kaffee nur mit Verlust weiter verkaufen kann. Die Kooperativenmitglieder sind deshalb gezwungen ihren Kaffee zu einem schlechteren Preis an Zwischenhändler abzugeben, die mit schnellem Geld locken.

Die Kreativität, Professionalität und Motivation der Kaffee Abteilung hat uns bei unserem Gespräch einmal mehr begeistert. Sie lassen sich von Problemen nicht aufhalten und versuchen immer Lösungen und Verbesserungen in schwierigen Situationen zu finden. Zum Beispiel machen sie Fortbildungen direkt vor Ort in den Gemeinden, Schulen das Personal an den Aufkaufstellen für den Pergamin-Kaffee (Acopios) und fördern Jugendliche bei ihren ersten Schritten im Kaffeeanbau.

Außerdem sind sie ständig mit staatlichen Stellen im Gespräch, um günstigere Kredite für mehr Liquidität zu bekommen oder Bauvorhaben mit externen Mitteln umzusetzen. Zusätzlich ist die CENCOIC international sehr gut vernetzt. Dadurch schaffen sie es, NGOs zu überzeugen, zum Beispiel Stellen für zusätzliche Agrartechniker*innen zu finanzieren. Ziel der Kooperative sind nicht Gewinne, sondern ein gutes Leben für die Bewohner*innen in den Gemeinden zu erreichen.

Nach einem leckeren Mittagessen und einem kurzen Besuch bei einer benachbarten Firma, die Rohkaffeesäcke bedruckt, haben wir eine Führung durch das Rohkaffeelager bekommen. Mit dazu gestoßen sind unsere Freund*innen der kollektiven Rösterei „La Libertaria“ aus Lecco (Italien), die durch Zufall gerade auch im Cauca unterwegs sind.

Gemeinsam mit ihnen und unter fachkundiger Anleitung von Lucia Becoche und Henry Bermudez von der Qualitätsabteilung der CENCOIC durften wir drei leckere Kaffees verköstigen. Beide sind Kinder von Produzent*innen der CENCOIC – die Kooperative bemüht sich, Gemeindemitgliedern berufliche Chancen zu eröffnen und so immer mehr Fachwissen zu den Produzent*innen zu bringen. Henry und Lucia erklärten uns außerdem, die weitere Aufarbeitung des Kaffees, die physische Qualitätsprüfung und Sortierung des Kaffees.

Wir haben heute wieder extrem viel gelernt und sind gespannt auf die nächsten Tage!

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Aroma Zapatista und La Gota Negra in Kolumbien 3. Tag

Was für ein Unterschied, nicht vom Trubel und Autolärm geweckt zu werden, sondern vom Vogelgezwitscher! Die Finca „Por Fin“ ist ein echtes Idyll und erstreckt sich mitten in den Bergen des Nordcauca auf drei Hektar in 1800m Höhe. Sie ist Eigentum der CENCOIC und wird vor allem für Probepflanzungen neuer Sorten Kaffee, sowie für Fortbildungen von Produzierendengruppen der Kooperative CENCOIC genutzt.

Heute stand am Vormittag das Treffen mit Schüler*innen und Lehrern der indigenen, landwirtschaftlichen Schule in Tacueyó und am Nachmittag ein Rundgang über die Finca mit der Kaffeeabteilung der CENCOIC auf dem Programm.

Wir begrüßten am morgen die Schüler Freymy Yadir Salazar, die ehemalige Schülerin Claudia Patricia Salazar, die weiter am Kaffeeprojekt der Schule beteiligt ist, den Lehrern Juan Carlos Largo, Luiz Hernando Rodriguez und den Rektor Ruben Dario Correa.

Mittlerweile geht das Schulprojekt Rissen/Tacueyó schon ins vierte Jahr. Dabei produzieren die Schüler*innen im indigenen Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó den Kaffee auf ihren eigenen Kaffeefeldern und verarbeiten ihn weiter, die CENCOIC kauft ihn auf und organisiert den Export, Aroma Zapatista macht den Import, die Schüler*innen-Firma in Hamburg-Rissen, organisiert die Röstung des Kaffees, verpackt und vermarktet ihn. Der Erlös fließt dann wieder zurück nach Kolumbien. Mit diesem wurde mittlerweile ein Trockentunnel für die Verbesserung der Trocknung des Kaffees, ein Gewächshaus zur Erhöhung der Nahrungsmittelsouveränität und ein Röster zur Weiterverarbeitung des Kaffees vor Ort gebaut. Außerdem erhalten die Schüler*innen aus Tacueyó für ihren Kaffee einen hohen Preis, mit dem sie zum Beispiel später ihr Studium finanzieren können.

Durch die Kooperation und weil die Schüler*innen durch den Verkauf des Kaffees über die CENCOIC einen guten Preis erhalten und sich so eigene Wünsche oder auch ein Studium finanzieren können, ist das Kaffeeprojekt bei ihnen sehr beliebt.

Die Lehrer*innen der Schule in Tacueyó setzen sich mit sehr viel Motivation dafür ein, dass es es für die die Jugendlichen des Selbstverwaltungsgebietes eine Alternative gibt. In der Gegend um Tacueyó haben die Drogenwirtschaft und bewaffnete Gruppen viel Einfluss und sie werben auch gezielt Jugendliche für ihre Aktivitäten an. Der Anbau von Koka und und Marihuana ist stark verbreitet und wirtschaftlich sehr attraktiv. Und für Jugendliche gibt es kaum andere Möglichkeiten. Nicht selten verschwinden Jugendliche aus der Schule und sterben bei gewalttätigen Auseinandersetzungen. Mit dem Kaffeeprojekt wird den Jugendlichen ein anderer Weg aufgezeigt.

Motiviert vom Erfolg ihrer Anstrengungen im Kaffeeprojekt, haben die Selbstverwaltung und die Schule in Tacueyó weitere Projekte in Angriff genommen: So gibt es sportliche und touristische Attraktionen wie das jährliche Mountainbike-Rennen und aktuell wird ein botanischer Wanderweg angelegt.

[Mehr zum Schulprojekt Rissen/Tacueyó findet ihr in diesem Artikel]

Am Nachmittag gab uns die Kaffeeabteilung der CENCOIC eine Führung über die Finca. Jhon, einer der Agrartechniker der Kooperative, zeigte uns die einzelnen Testfelder. Er erklärte uns die botanischen Besonderheiten der unterschiedlichen Varietäten, sowie die sensorischen Unterschiede der verschiedenen Sorten.

Außerdem durften wir ein paar Kilo reife Kaffeekirschen ernten und die Selektion vornehmen. Danach erfuhren wir mehr über das Entfernen des Fruchtfleischs und haben die Kaffeebohnen für 40 Stunden der aeroben Fermentation (unter Sauerstoffabschluss in einem Fass) übergeben. In den nächsten Tagen werden wir diesen Prozess bis zum Rösten und Verköstigen fortsetzen und sind schon sehr gespannt auf das Ergebnis!

Morgen geht’s dann in die Bodega (Lagerhalle) der CENCOIC nach Piendamo!

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Aroma Zapatista und La Gota Negra in Kolumbien

2. Tag

Heute Vormittag waren wir in der Abteilung der Economia Propia – eine der 4 Abteilungen der Kooperative CENCOIC. Dort haben wir den Koordinator Manuel Bustos getroffen. Er hat uns viel berichtet über die aktuelle Situation der “eigenen Wirtschaft”. Mit dieser Abteilung verknüpft die Kooperative und die Bewegung politische wie wirtschaftliche Ziele. Dadurch soll die ökonomische Situation und die Autonomie der indigenen Gemeinden und der kleinbäuerlichen Familien gestärkt werden. Die Abteilung kauft unter anderem Produkte der indigenen Kleinbäuer*innen ab, um sie zu guten Bedingungen gemeinsam zu vermarkten – entweder in anderen Selbstverwaltungsgebieten oder auch außerhalb der indigenen Gemeinden. Ebenso haben sie eigene Marken von Grundnahrungsmitteln, die sie in guter Qualität produzieren und zu stabilen, erschwinglichen Preisen in den indigenen Selbstverwaltungsgebieten vertreiben. Dadurch bleiben mehr ökonomische Ressourcen in den Selbstverwaltungsgebieten und die Kleinbäuer*innen haben einerseits einen Markt für ihre Produkte und andererseits eine Lebensmittelsicherheit. Als Kooperative aus den Gemeinden haben sie das Ziel, die Bedürfnisse der indigenen Bewegung zu erfüllen. Insgesamt waren wir sehr begeistert über die Energie und den Mut, mit dem die CENCOIC hier versucht, ökonomische Sicherheit für die Kleinbäuer*innen zu gewinnen.

(Einen super Hintergrundartikel zu den Problemen der indigenen Kleinbäuer*innen und dem Anstrengungen der Gemeinden, diese zu ändern, findet ihr hier)

Auch Juan Carlos Guampe, der Geschäftsführer der CENCOIC, sowie Hernán Castellanos, der Koordinator der Kaffeeabteilung, waren beim Gespräch dabei. Juan Carlos sagte: “Wir freuen uns sehr, dass ihr hier seid, denn der Austausch ist wichtig, und die Kommunikation muss offen sein, damit Prozesse laufen können”.

Mittags hatten wir die Gelegenheit für ein kurzes Treffen mit Hermes Pete, der 2020-22 der oberste Vertreter der Bewegung war und aktuell Abgeordneter in der 2. Parlamentskammer Kolumbiens ist. Er berichtete uns von seiner Initiative, Kaffeekooperativen der verschiedenen ländlichen Bevölkerungsgruppen (Indigene, Afrokolumbianer*innen, Campesinos), zwischen denen es oft Konflikte gab, zusammen zu bringen. Er berichtete außerdem, dass heute Morgen im Selbstverwaltungsgebiet von Toribio ein Guardia Indígena ermordet wurde.

Anschließend sind wir gemeinsam mit dem ganzen Team der „Economia Propia“ zum Essen gegangen. Es war toll, mit ihnen allen gemeinsam an einem Tisch zu sitzen.

Nach dem Mittagessen berichtete uns die Personalabteilung der CENCOIC von ihrer Arbeit, die unter anderem darin besteht, Weiterbildungen anzubieten, sich um Arbeitssicherheit, Konfliktbearbeitung und mentale Gesundheit zu kümmern, sowie eine gute Arbeitsatmosphäre innerhalb der Kooperative zu schaffen. Dabei dachten wir oft, dass das auch wichtige Themen für unsere eigenen Kollektive sind.

Wir haben noch viel mehr gelernt und erfahren aber das sprengt hier den Rahmen. Ein wichtiger Grundsatz der CENCOIC ist es, zu lernen und zu verlernen, sagt Manuel, und ihre Mission ist es gut zu leben und sich gegenseitig zu stärken.

Wir freuen uns sehr, auf dieser Reise Teil davon sein zu können und gemeinsam zu lernen!

Abends sind wir auf die Finca „Por Fin“ gefahren, die der CENCOIC gehört. Mehr dazu erfahrt ihr morgen, denn hier werden wir die nächsten Tage verbringen.

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Aroma Zapatista und La Gota Negra in Kolumbien

Unsere Freund:innen von Aroma Zapatista und La Gota Negra sind derzeit in Kolumbien unterwegs.
In diesem Blog könnt ihr in den kommenden Tagen ihre Reise verfolgen.

1. Tag
Die Reise der beiden Kaffeekollektive Aroma Zapatista und La gota negra hat begonnen!
Heute sind wir in Popayán, der Hauptstadt der Region Cauca im Südwesten Kolumbiens, angekommen.
Rocío und Sandra, die bei der Kooperative CENCOIC arbeiten, haben uns sehr herzlich in Empfang genommen und uns ihre Stadt gezeigt. Wir sind durch die engen Straßen der kolonial-erbauten Innenstadt mit ihren weißen Häuser gelaufen, zur Brücke, über die damals die versklavten Menschen geführt wurden, und auf den Berg Morro de Tulcán, der vor der europäischen Invasion ein wichtiger Ort für indigene Zeremonien war. Auf diesen stellten die spanischen Kolonialherren dann eine Statue von Sebastian de Belalcázar, welche bei Protesten im Jahr 2020 von den indigenen Misak gestürzt wurde. Wir haben gemeinsam die ersten typischen Snacks genascht und leckere Fruchtsäfte genossen und uns dabei ausgetauscht und erfahren das Rocío bei der CENCOIC in der Koordination der einzelnen Kaffeeproduzierenden-Gruppen tätig ist und Sandra für administrative Aufgaben zuständig ist.

In den nächsten Tagen werden wir die Kaffeeabteilung der CENCOIC und deren Kaffeeanbauende besuchen und viel Zeit mit ihnen verbringen. Wir erwarten in den nächsten Tagen außerdem spannende Gespräche mit dem Indigenen Regionalrat des Cauca (CRIC), der Selbstorganisierung der Frauen und der Jugendlichen in der Bewegung. Außerdem treffen wir die Guardia Indigena, um mehr über ihre Arbeit zu erfahren und uns über die aktuelle Situation der selbstverwalteten Gebiete auszutauschen.

Es war ein toller Start mit den beiden! Vielen Dank an die CENCOIC!

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Tag 7: Ambivalenzen

Gestern Abend hatte sich noch unser alter Bekannter und Freund José Mayo gemeldet. Er kam heute Morgen von einem Arztbesuch in Loja zurück und fragte, ob wir gemeinsam frühstücken wollten. Das taten wir nur zu gerne. So trafen wir uns früh morgens in der nagelneuen Markthalle von Palanda. Für mich gab es eine Nudelpfanne mit Fisch und einen frisch gepressten Papaya-Möhrensaft. 

José schlug uns vor, auf unserem heutigen Weg nach Süden zur Partnerkooperative ACRIM an seiner Finca vorbeizufahren, er hat dort neuen Kaffee anpflanzt. Wir stimmten freudig zu, auch wenn dies eine dreieinhalbstündige Fahrt über Feldwege statt 80 Minuten auf der überwiegend asphaltierten Straße bedeutet. 

Angekommen auf seiner Bullerbü-Finca ecuadorianischer Stilistik (es sieht nach kompletter Selbstversorgung aus: Er hat Gemüse, Milchvieh, Schweine, Hühner, Enten, Gänse, Tilapia, Zuckerrohr,  Mais, Kakao, Kaffee, Getreide, Obstbäume und viel Wald sowie einen Trinkwasserfluss, der sein Grundstück durchfließt) wurden wir erstmal mit Zuckerrohrsaft, Käse, Honig, Obst und einer Hühnersuppe bewirtet. 

Danach besuchten wir die Fläche seines neuen Kaffeeanbaus. José verwandelt hier vier Hektar ökologisch fast nutzlosen Weidelandes in ein Kaffeefeld, das binnen zwei bis drei Jahren wie ein Wald aussehen und Lebensraum für allerlei Tiere bieten wird. Schon jetzt konserviert José auf dem Nachbargrundstück eine Fläche für Hörnchen und eine weitere Fläche für kleine Affen. Die bereits gepflanzten 15.000 Kaffeepflanzen sind allesamt sehr hochwertige Varietäten. Der Kaffee wird komplett nach ökologischen Kriterien angebaut. Komplett bis auf eine Tatsache. Um sich mehrjährige Arbeit zu ersparen, wurde das komplette Weidegras mit Glyphosat vernichtet. José sagt, dass er ohne dieses Hilfsmittel das ganze Projekt nicht angegangen wäre. Die nächsten drei Jahre kann der Kaffee somit nicht als ökologischer Kaffee vermarktet werden und kommt für uns daher auch nicht in Frage. 

Nach diesem Besuch ging es 90 Minuten weiter nach Süden zu unserer Partnerkooperative ACRIM, wo uns unsere Freunde schon erwarteten. Nach der Verkostung von mehreren sehr hochwertigen Lots von Walter Castillo und Luz Merino begannen wir unsere Versammlung. 

Dabei zeigten sich zwei wesentliche Herausforderungen. Die Genossenschaft ist stark unter Druck, da der ehemalige Verwalter Hitler Vicente nun für einen großen Zwischenhändler Kaffee von den Produzenten der Genossenschaft versucht aufzukaufen. Er besucht mit seinem durch langjährige Arbeit in der Genossenschaft erworbenem Insider-Knowhow der Reihe nach alle besonders guten Mitglieder der Genossenschaft und bietet ihnen höhere Preise als die Genossenschaft dies kann. Dies ist vor allem möglich, weil er als Firma keinerlei soziale Aufgaben oder Schulungen übernimmt und keinerlei laufende Kosten hat. Er ist nur Zwischenhändler. Jedes Mitglied der Kooperative, das Kaffee an ihn verkauft steht also vor dem Dilemma: Bin ich solidarisch zu meiner eigenen Organisation oder ist mir mein Hemd näher als meine Hose. Das sorgt für sehr viel Unmut und Zwietracht in der Genossenschaft und auch für Wut auf Vicente. 

Die andere Herausforderung hat auch mit uns zu tun. Immer mehr Mitglieder, insbesondere die Jugendlichen und die gut ausgebildeten produzieren immer mehr besonders hochwertige Kaffees. Für diese Kaffees gibt es für die kooperative Struktur so gut wie keinen Markt. Also werden sie an Aufkäufer und Zwischenhändler für Spezialitätenkaffee abgegeben. Diese sind in der Lage und willens, höhere Preise zu bezahlen. Die Kooperative hat einerseits zu wenig Käufer, die sich für diesen Kaffee interessieren und andererseits auch keinerlei Strukturen wie sie diesen Kaffee gerecht bezahlen kann. Das bedeutet: Was für einen Anteil des Mehrwertes bekäme die Kooperative für ihren Aufwand und was für einen Anteil die einzelnen ProduzentInnen? Dies ist definitiv eine Diskussion, die in der Kooperative noch aussteht. Auch für uns als Quijote Kaffee ist das von Bedeutung. Für uns käme der Kauf von Microlots nur in Frage, wenn es einen gerechten Schlüssel gäbe, wie der Mehrwert von besonders hochwertigem Kaffee zwischen Genossenschaft und Produzent verteilt wird. Darüber hinaus müsste die Kooperative lernen, diese einzelnen lots mit jeweiligen Informationen zu den Produzierenden, der Verarbeitung, den Varietäten und den Fincas zu versehen. Am besten wären dazu kurze Videos und gute Fotografien mit einer kurzen Story und eventuelle weitere Besonderheiten des Produktes. 

Sehr gute Neuigkeiten gab es hier auch in Bezug auf die Erfüllung der EUDR-Regularien. Die ACRIM ist anscheinend noch weiter fortgeschritten mit der Vorbereitung darauf als alle anderen Basisorganisationen. 

Insbesondere hervorzuheben sind auch die Aktivitäten der wieder aufgelebten Jugendorganisation und die herausragend aktive Frauenorganisation der Genossenschaft. Unsere Freundin Yolanda ist deren Vorsitzende und ist voller Power und Ideen für eine eventuelle gemeinsame Linie von Frauenkaffees. 

Die meist besonders hochwertigen Kaffees der jugendlichen ProduzentInnen haben noch ein eigenständiges weiteres Vermarktungsproblem. Da die Genossenschaft ausschließlich zertifizierte Biokaffees verarbeitet und vermarktet, fallen die Kaffees ist der Jugendlichen raus. Sie haben meist keine Landtitel und diese wiederum sind Voraussetzung für die Bio-Zertifizierung. Der Kaffee wird komplett ökologisch angebaut, wirklich alles stimmt, er ist trotzdem nicht offiziell Bio und kann es auch nicht sein. Ich würde diesen Kaffee nur zu gerne haben. Nun geht er einfach an lokale Aufkäufer jeglicher Art.

Wie ihr seht, ist unsere Art des Kaffeehandels mit all seinen Utopien und Idealen nicht immer leicht. Er steckt voller Widersprüche. 

Und ihr könnt mir glauben: nach so einem intensiven Tag würde ich sehr gerne eine Flasche Rum trinken. Meine Gedanken und Überlegungen Kreisen noch schneller als sonst schon in meinem Kopf. Diese Reise ist aber so anstrengend und anspruchsvoll, dass ich tatsächlich auf Alkohol verzichte. 

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Tag 6: Katzenbilder und Liquiditätsprobleme

Ausschlafen tut so gut, auch wenn ich schon wieder um 4 Uhr aufgewacht bin, genug Schlaf war es allemal. 

Zum Frühstück aßen wir sehr leckeres französisches Brot, das wir in einer handwerklichen Bäckerei in Vilcabamba gekauft hatten. Dazu reife Avocados.

Danach ging es im Pickup auf der Ladefläche in wilder Fahrt 20 km nach Süden auf die Finca des Top-Produzenten Felipe Luzon. Auf einer seiner Parzellen baut er die hier neu eingeführte Varietät Nestlé an. Sie hat eine doppelt so hohe Produktivität wie die Typica Mejorada, ist pilzwiderständig und kleinwüchsig, was die Ernte erleichtert. Meine bisherigen Erfahrungen nach kommt sie auf bis zu 86 Punkte beim Cupping. Die Erträge auf dieser Parzelle sind sehr hoch, bis zu 40 Zentner pro Hektar sind hier zu erwarten. Als deutlichster Unterschied zu den bisher von uns besuchten Kaffeefeldern auf der westlichen Seite der Anden gibt es hier viel weniger Schattenbäume. Sie sind nicht unbedingt nötig. Normalerweise ist es hier auf dieser Seite viel regnerischer und weniger sonnig. Diesen Sommer aber nicht. Bewässerungssysteme gibt es nicht.

Zu Hause bei Felipe bekamen wir sehr leckere Hühnersuppe, ausschließlich aus Zutaten aus dem Garten gekocht. Für Unterhaltung sorgte Felipes grüner Papagei, den er als Küken im Garten gefunden hatte. Er hat sich mit der Katze des Hauses angefreundet und kann auch ein wenig sprechen. Das sorgt für gute Tierbilder für unseren Reisebericht. Tiere gehen immer. 

Nachmittags nahm ich an einer Online-Konferenz mit den verschiedenen involvierten NGOs und dem Kooperativenverband teil. Dieses Treffen verzögerte sich eine halbe Stunde, weil das Zuckerrohrfeld, das direkt an FAPECAFES angrenzt, komplett in Flammen stand. Wieder hatte ein Bauer kontrolliert sein Feld abfackeln wollen. Der angrenzende Flughafen wurde schnell evakuiert, nach einer halben Stunde kam die Feuerwehr. Die Konferenz konnte beginnen. Das Ziel der Konferenz war, alle zusammen zu bringen und Hilfe für die Brandopfer von Quilanga organisieren. Wir waren uns einig, dass unsere Hilfe den in der Genossenschaft organisierten neun Produzierenden zugutekommen soll.  Das Treffen verlief sehr effizient, motivierend und lösungsorientiert. Ramiro, der Techniker von der PROCAFEQ erstellt einen Plan, der die notwenigen nächsten Schritte und die Kosten dafür auflistet. Wir treffen uns in acht Tagen wieder in dieser Runde. Erste konkrete Zusagen wurden gemacht.

Direkt bei Treffen kam die gute Nachricht rein: der Waldbrand ist unter Kontrolle.

Nachmittags trafen wir uns wieder in der Bodega der Genossenschaft APECAP. Wir besprachen, wie bei jedem Treffen mit den Genossenschaften, was wir an der Zusammenarbeit verbessern können. Ein wesentlicher Wunsch war, dass wir uns gemeinsam Gedanken machen, wie wir die in den Genossenschaften reichlich vorhandenen Microlots, also kleine Mengen Rohkaffees außergewöhnlicher Qualität, vermarkten könnten. Wir versprachen, uns darüber gemeinsam Gedanken zu machen und Modelle zu entwickeln. 

Ein weiteres Thema ist die Liquidität der Genossenschaften. Quijote Kaffee ist die einzige Käuferin, die die Käufe vorfinanziert. Dadurch entstehen Liquiditätsengpässe und es kommt immer wieder dazu, dass die Produzierenden, obwohl sie Kaffee bereithalten, diesen nicht an ihre eigene Genossenschaft verkaufen können. Und ihn daher an Zwischenhändler abgeben müssen. Das ist fatal und schwächt die eigene Organisation. Für uns ist das zwar eine schöne Bestätigung unserer Geschäftspolitik. Verstärkt aber unsere Verpflichtung, dieses Thema innerhalb der Kaffeeindustrie noch mehr auf den Tisch zu bringen. 

Der Tag und die Treffen verliefen in außergewöhnlich entspannter und freundschaftlicher Stimmung. Diese Reise verläuft bis auf den Waldbrand bisher sehr entspannt. Selten waren unsere Treffen so konstruktiv.

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Tag 5: Koordination

Die Mückenschwärme, denen wir die ganze Nacht hier inmitten der Zuckerrohr-Felder ausgesetzt waren, ließen an Schlaf nicht denken. Ein weiterer Grund früh aufzustehen und schon um 3:30 Uhr mit der Arbeit zu beginnen. Ab 6 Uhr sahen wir nun auch Flugzeuge aus Peru und Kolumbien, die gegen den Waldbrand eingesetzt wurden.

Um 8 Uhr trafen wir uns bei FAPECAFES mit dem neuen Präsidenten der Kooperative Victor, außerdem waren bei unserem Treffen der Verwalter der Genossenschaft, Luis Eduardo, der Verkoster José und die Beauftragte für die Einhaltung der neuen EUDR-Richtlinien Jesenia dabei. 

Der neue Präsident Victor hatte sich gleich nach Amtsantritt in Frühjahr in die Arbeit gestürzt und seinen Schwerpunkt auf die Beziehungen zu und die Koordination der Aktivitäten mit verschiedenen NGOs gesetzt. 

Für uns insbesondere von Bedeutung ist dabei die Umsetzung der notwendigen Schritte für die Einhaltung der EUDR-Richtlinien. Dabei hilft im Auftrag der Vereinten Nationen hier die NGO „Pago por Resultados“. In fast allen Basisgenossenschaften von FAPECAFES gibt es jetzt ein gemeinsames System was dabei hilft, jedes einzelne Lot von der Ernte bis zum Export nachzuvollziehen. Das ist sehr ermutigend für uns, sieht es doch so aus, als ob wir auch in Zukunft den Kaffee von hier importieren können. 

Die italienische NGO Rikolta hilft dabei, den Kontakt zum Landwirtschaftsministerium zu intensivieren und den Landwirtschaftsminister unter Druck zu setzen, hier seinen Worten auch Taten folgen zu lassen. Insbesondere im Anbetracht der Katastrophe in Quilanga ist dies nun eine Probe aufs Exempel. Der Landwirtschaftsminister hat hier in der Bevölkerung einen Ruf als Lakai der Bananenindustrie. 

Eine weitere italienische NGO unterstützt FAPECAFES beim Aufbau von verschiedenen kleinen Fabriken zur Produktion von Biodünger. 

Die NGO Heifer unterstützt den Verband bei der Aufzucht von Jungpflanzen und mit Saatgut.

Die spanische NGO ACODEA baut eine Schule zur Fortbildung von fünf ausgewählten Jugendlichen jeder einzelnen Basisgenossenschaft im Agrarmanagement auf. 

Der Präsident koordiniert die Aktivitäten aller dieser NGOs hier vor Ort, und es gibt ein monatliches Treffen mit den Delegierten der jeweiligen Basisgenossenschaften. 

Für morgen wurden wir zu einem Krisentreffen eingeladen an dem all diese NGOs und das Landwirtschaftsministerium teilnehmen werden. Ziel ist es, schnelle Hilfe für die Betroffenen des Waldbrands zu organisieren und zu koordinieren. 

Bei einem Rundgang durch die Anlagen des Genossenschaftsverbandes konnten wir uns über den sehr guten Zustand und die Fortschritte informieren. Alle unsere Kaffees sind bereits eingebracht und können demnächst als Muster zu Quijote geschickt werden damit wir sie verkosten können. Alle Lots sind wunderbar nachvollziehbar mit Codes versehen.

Mittags verabschiedeten wir uns und fuhren nach Süden über einen Andenpass nach Palanda. Dort wurden wir bereits von Paul, dem neuen Manager der Kooperative APECAP und dem Präsidenten Harvey (ja, wirklich) erwartet. Außerdem trafen wir viele alte Bekannte wie Edwin und Bartolo wieder und tauschten uns mit ihnen über die aktuelle Situation und die Ereignisse des letzten Jahres aus. 

Der Tag endete mit einem Abendessen in einem lauschigen Fischrestaurant außerhalb des Dorfes am Ufer des Flusses. Hier aß ich tatsächlich das erste Mal in meinem Leben einen leckeren Tilapia. Sehr müde ging es um 21.30 Uhr ins Bett. 

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Tag 4, Solidarität

Dieser Tag stand voll im Zeichen der immer noch andauernden Katastrophe. Schon 3 Uhr morgens stürzten sich Max, Michael und ich in die Arbeit, um mit der Kampagne für die Sammlung von Spenden zu beginnen. 

Die Solidarität und der Zusammenhalt der hiesigen Bevölkerung sind sehr beeindruckend. Dies gibt den Betroffenen die Kraft an die Zukunft zu denken, weiterzumachen und schon jetzt Pläne für den Wiederaufbau zu machen.  

Ebenfalls um 3 Uhr in der Früh machten sich unzählige Freiwillige mit Hacken, Sägen und Schaufeln auf dem Weg, um sich dem Feuer entgegenzustellen. Auch dieser Kampf ist nicht von Verzweiflung geprägt, sondern von der Hoffnung. 

Max, Michael und ich fuhren gemeinsam mit Ramiro, dem Techniker der Genossenschaft,  herum um uns ein Bild von dem Ausmaß der Katastrophe zu machen. Von Berggipfeln aus kann man sehr gut beobachten, wie sich das Feuer wieder gedreht hat und nun aufs Neue auf die besten und wichtigsten Kaffee Felder der Genossenschaft zurollt. 

Um das große Momentum der Solidarität und der Hilfsbereitschaft zu nutzen, starteten wir unsere Spendenkampagne sehr schnell. Schon in den ersten Stunden kamen mehrere tausend Euro zusammen. 

Diese konkrete und schnelle Solidarität wiederum beeindruckte die Menschen hier sehr. Auch für uns ist es ein sehr gutes Gefühl nicht nur hilflos danebenzustehen, sondern selber mit anpacken zu können und unsere eigenen Netzwerke zu aktivieren. 

Am heutigen Tag kamen nun doch endlich auch Hubschrauber und Flugzeuge aus Peru an, um die Löscharbeiten zu unterstützen. Des Weiteren wurde auch Hilfe durch Flugzeuge aus Kolumbien angekündigt. Leider werden all diese aber nicht auf unserer Seite des Gebirges zum Einsatz kommen, sondern auf der anderen Seite wo mittlerweile auch der reiche Ort Vilcabamba von den Flammen bedroht ist.

Und genau in diese Richtung machten wir uns heute Nachmittag auf den Weg. Unterwegs konnte ich es mir nicht verkneifen, in einen am Weg liegendes Restaurant namens Don Quijote einzukehren. Es gab eine Bananenbohnensuppe und Hühnchen in Biersauce. 

Am späten Nachmittag bezogen wir dann ein kleines Feldhaus direkt gegenüber dem Kooperativenverband FAPECAFES den wir morgen besuchen werden.

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Tag 3 in Ecuador. Feuer Feuer 🔥

Hinweis: Über diesen Link: https://www.betterplace.me/kaffeesolidaritaet
könnt ihr für die Betroffenen der verheerenden Waldbrände spenden. Danke!

Durch das frühe Schlafengehen wache ich auch immer sehr früh auf. Da es erst um 6 Uhr dämmert habe ich zwei Stunden Zeit, Berichte wie diesen zu schreiben. In der Dämmerung ging ich dann in den sehr frischen Swimmingpool und danach auf einen Spaziergang in das Dorf. Die von einer Omi und einem Opi betriebenen Eismanufaktur hat schon auf und ich konnte mir ein Eis gönnen. Erdbeer-Frischkäse. Und danach eine frittierte Empanada vor dem Markt.

Während der ganzen Nacht habe ich immer wieder einen Blick auf die lodernden Flammen des Waldbrandes geworfen. Er ist noch nähergekommen und nur noch ca. 3 km entfernt. Hier auf der westlichen Seite der Anden herrscht seit 3 Monaten große Trockenheit. Weder Mensch noch Natur können dem Feuer etwas entgegensetzen. Alles ist grau, staubig und ausgedörrt.

So mussten wir heute Morgen erfahren, dass mittlerweile 9 Fincas von Produzierenden der Genossenschaft verbrannt sind. Das ist eine Katastrophe. Schon am Frühstückstisch beschlossen daher Max, Michael und ich, dass wir gemeinsam eine Kampagne zu Unterstützung der hiesigen Produzierenden starten werden. Alle mit denen wir bisher gesprochen haben, haben die Absicht ihre Fincas wieder aufzubauen.  Das bedeutet Bäume anzupflanzen und dann Kaffee anzupflanzen. Und ihre Schuppen und Hütten und Häuser wieder aufzubauen. Und ihre Bewässerungsanlagen neu zu installieren. Diese sind hier notwendig. 

Um 8:30 Uhr trafen wir uns mit Ramiro, dem Manager für Alles und Victor, dem Verwalter der Kooperative. Auch von Victor sind 9.000 seiner 12.000 Kaffeepflanzen sowie seine komplette Infrastruktur verbrannt. 

Wir fuhren gemeinsam zu der Basisgruppe Calva, nahe der Stadt Cariamanga. Das ist ca. eine Stunde weiter westlich. Schon letztes Jahr hatten wir uns hier auf der Finca des Produzenten Polivio mit 20 weiteren Produzierenden getroffen. Diese waren auch dieses Mal größtenteils versammelt. Wir unterhielten uns über die Entwicklung im vergangenen Jahr und besprachen, wie wir unsere Zusammenarbeit verbessern können. Auch in dieser Kooperatove ist die uns zugesagte Erntemenge schon komplett eingebracht.

Aufgrund der hier herrschenden großen Hitze mit dauernden Temperaturen über 30 Grad erfreuten wir uns sehr an dem Spaziergang über die frische Finca. Im Gegensatz zu den Genossenschaften, die ihre Felder östlich der Anden haben ist es hier unbedingt notwendig, den Kaffee im Schatten von Bäumen anzupflanzen. Es ist viel heißer und viel trockener.

Nach unseren Diskussionen wurden wir fürstlich bewirtet. Zu Trinken gab es Guarapo, vergorenen Zuckerrohrsaft. Als Vorspeise die regionale Suppe Repe Lojano. Sie besteht aus grünen Bananen, Zwiebeln, Knoblauch, Milch, Käse und Koriander. Danach gegrilltes Hühnchen von der eigenen Finca mit Reis, Mais, Tomaten, Yucca und gebackener Banane.

Danach machten wir uns gemeinsam auf den Weg ins 80 Fahrminuten weiter südlich gelegene Dorf Amaluza zur dortigen Basisgruppe der Genossenschaft. Hier zeigte uns Francisco seine beeindruckende Finca auf 1920 m Höhe. Er baut hier in erster Linie die sehr hochwertige Varietät Typica Mejorada an. Auch hier mit sehr vielen Schattenbäumen trotz der sehr hohen Lage. Die Sonne wäre sonst zu stark.

Nun ging es mit Viktor zurück zu seiner verbrannten Finca nahe dem Dorf San Antonio de las Aradas. Eine Feuerwalze hat hier vor drei Tagen sein gesamtes Hab und Gut zerstört. Hier standen wir nun inmitten der Katastrophe. Alle Kaffeepflanzen verbrannt der Wald verkohlt, die Finca eingestürzt, Trocknungszelte vernichtet, die Maschinen geschmolzen, die verbliebene hier gelagerte Kaffeeernte Staub.  

Viktor ist allerdings fest entschlossen, alles wieder aufzubauen. Er hat sehr viele gute Freunde und eine starke Genossenschaft. Und er hat uns. Dies ist eine der Situationen, in denen Solidarität für jeden fühlenden Menschen eine Selbstverständlichkeit ist. Über 100 Menschen haben Viktor schon versprochen, in freiwilligen gemeinsamen Arbeitseinsätzen mit anzupacken und alles wieder herzurichten. 

Max, Michael und ich haben versprochen, unser Bestes zu geben um Viktor und die anderen acht bisher betroffenen Produzierenden der Genossenschaft aus Deutschland heraus nach besten Kräften finanziell zu unterstützen. Dazu haben wir eine Kampagne gestartet. https://www.betterplace.me/kaffeesolidaritaet

Zurück in Quilanga setzen wir uns noch mit Victor, Louis und Ramiro zusammen und besprachen das weitere Vorgehen und den morgigen Tag. 

Den Tag beendeten wir mit einem weiteren leckeren Mango Eis in der hiesigen Eismanufaktur. Und ich mit einem weiteren ausgiebigen Bad im Pool.