Heute saßen wir aufgeregt zusammen beim Frühstück, dieser Tag wird super spannend! Wir besuchten die Fincas (Bauernhöfe) der Kaffeeproduzent*innen. Jene Menschen, die die Bohnen anbauen, die ihr jeden Morgen in eure Tassen gießt und genießt.
Unser erster Stopp war bei Don Arelio und Doña Luz Mery Chique sowie ihrer Familie. Direkt an einer kleinen Straße, nicht weit vom Dorfkern des indigenen Selbstverwaltungsgebiets San Lorenzo de Caldono. Direkt hinter ihrem Haus erstrecken sich, die Kaffeepflanzungen. Sie beide bauen seit 8 Jahren Kaffee an und haben jeweils 0,5 Hektar Land, auf dem sie je 2.000 Sträucher anbauen – wie alle Produzent*innen, die wir heute besuchen von der Arabica-Varietät Castillo. Sie sind froh, Teil der CENCOIC zu sein, und freuen sich über die Weiterbildungen und agrar-technischen Verbesserungen, die sie dadurch bekommen können.
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Lucia Becoche von der Qualitätsabteilung der CENCOIC und der Agrartechniker John Alexander Tumubala ergänzen, dass fast alle Bäuer*innen auf sehr kleinen Flächen Kaffee anbauen und es deshalb um so wichtiger ist, einen guten Ertrag und eine hohe Qualität zu sichern, um einen ausreichendes Einkommen für die Familien zu erzielen.
Arelio und Luz erzählen, dass sie neben Kaffee auch Mais, Kochbananen und Bohnen für die Selbstversorgung anpflanzen. Die Kaffeepflanzen müssen je nach Varietät nach einer gewissen Zeit erneuert werden, dann dauert es 1 bis 4 Jahre bis sie erneut Früchte tragen. Viele der jetzigen Pflanzen sind 4 Jahre alt, einige stehen gerade in einer wunderschönen weißen Blüte.
In der Zeit ohne eigene Kaffeeernte gehen sie auf andere Fincas, um dort als Erntehelfer*innen zu arbeiten. Viele der Kaffeeanbauenden arbeiten das ganze Jahr über 3 Tage auf der eigenen Finca und 2 Tage für andere Bäuer*innen, um ein zusätzliches Einkommen zu haben. Die CENCOIC fördert die Anbauenden darin, auf ihren Flächen, Pflanzen verschiedenen Alters anzubauen, so dass sie eine dauerhafte Kaffeeproduktion und damit ein dauerhaftes Einkommen haben.
Zwischen den Kaffeepflanzen, stehen Chili-Büsche. Diese halten durch ihren Geruch die Insekten ab, fungieren also als natürliches Anti-Insektizid. Als Dünger verwenden sie Kompost: Hühnermist, Kaffeeschalen und „agua mieles“, das Wasser, welches bei der Kaffeewaschung übrigbleibt. Diese müssen mit Kalk vermischt und mit Bakterien angereichert werden und ergeben dann einen hervorragenden Dünger. In den großen Fässern, in denen der Dünger produziert wird, befinden sich aufgeschnittene Plastikflaschen, als Häuser für die Bakterien. Ein Nebeneffekt ist außerdem, dass die Wasserverschmutzung bei der Weiterverarbeitung vermieden wird, da das übersäuerte Wasser direkt zu Dünger weiterverarbeitet wird.
Die Umstellung auf bio-zertifizierten Anbau dauert 3 Jahre. Die Agrartechniker*innen der CENCOIC erklären bei Workshops wie die Herstellung von Bio-Dünger funktioniert und dann können die Produzierenden diesen auf ihren eigenen Fincas selbst herstellen. Aktuell hat die Kooperative 86 bio-zertifizierte Produzent*innen.
Wusstet ihr schon, dass eine Kaffeepflanze der Varietät Castillo im Cauca im Durchschnitt 300-400 Gramm Pergamin-Kaffee im Jahr trägt? Mit ihren je 2.000 Pflanzen produzieren die beiden also jeweils 800 Kilo café pergamino im Jahr.
Wir bekamen von der eigenen Produktion einen sehr leckeren selbst gerösteten Kaffee zu trinken und fanden auf unserem Weg durch den Hang der Kaffeepflanzungen leckere Orangen, kleine Mangos und Guyaba-Früchte.
Unser nächster Stopp war dann bei Don Antario und Doña Martha mit ihrer Familie. Schon ihre Großeltern waren Kaffeeanbauende. Sie haben auf ihren 2 Hektar 9.000 Kaffeepflanzen und produzieren zwischen 2.000 bis 3.000 Kilo Rohkaffee pro Jahr.
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Seit 2019/20 hat Don Antario auf bio-zertifizierten Anbau umgestellt. Mit dem Aufschlag von 7.000 Pesos pro Kilo (knapp 2 Euro), den er für die hohe Qualität und die Bio-Zertifizierung seines Kaffees bekommen hat, konnte er eine Scheune bauen. Er sagt: „Bio-Anbau ist gesünder für die Bäuer*innen und unsere Familien und die Produktion ist ein natürlicher Kreislauf.“ Hühner und Schweine beispielsweise dienen dem eigenen Konsum, zum Verkauf und ihr Mist wird als Dünger weiter verwertet.
Die Familie baut hier auch Bohnen, Mais und Yuka zur Selbstversorgung an. Eine Sau hat gerade süße Babys bekommen, an ihren Ställen vorbei liefen wir zu der Anzucht kleiner Kaffeepflanzen und von dort weiter über die sehr bio-divers gepflanzten Kaffeefelder. Hier wächst der Mais gemeinsam mit Kaffee und Kochbananen und es gibt viele Schattenflächen. Direkt an einem Hang haben wir eine schöne Aussicht auf die Zentralkordillere. Hier blühen die kleinen Kaffeepflanzungen und wir erfahren, dass auch aus den Blüten ein natürlicher Energy-Drink hergestellt werden kann. Don Antario hat einen eigenen Fruchtfleischentferner, sowie einen Trockentunnel.
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Der spannende und informative Spaziergang durch die Kaffeefelder legen wir zum Teil unter die Pflanzungen tauchend und an steilen Abhängen zurück. Das zeigt uns nochmals wie anstrengend die Ernte für die Anbauenden und die Erntehelfer*innen ist. Das Gehalt für die Tagelöhner*innen ist 30.000 Peso (ca. 7 Euro) und drei Essen pro Tag. Während der Haupterntezeit bekommen sie die Bezahlung pro Kilo Kaffee, den sie ernten.
Zurück am Haus der Familie, welches komplett selbst aufgebaut wurde, gibt es einen super leckeren Eintopf aus den Zutaten des Gemüsegartens zum Mittag. Wir kauften noch ein Paket Eier und bekamen super leckere kleine Paprikas zum Snacken.
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Daraufhin sind wir mit vollem Bauch zur dritten Finca gefahren. Doña Luz Angela Patiño hat 1 Hektar Land mit 3.000 Kaffeepflanzen. Ihr Feld liegt im Selbstverwaltungsgebiet von La Laguna Siberia, sie ist Teil der Produzierenden-Gruppe Manantial mit 12 Mitgliedern. Sie düngt 2 Mal im Jahr mit Hühnermist ihrer eigenen Hühner. Außerdem baut sie sehr schöne Blumen an, aber der Kaffee bringt ihr am meisten Geld ein.
Eine Pflanze kann maximal 4 Mal zurückgeschnitten werden, bevor sie nur noch so wenige Früchte trägt, dass sie nicht mehr wirtschaftlich ist. In den Jahren 2022 und 23 war bei Luz die Ernte Menge gering. 2024 gab es eine gute Menge. Für 2025 erwartet sie und die CENCOIC allgemein bei der Kaffeeproduktion eine Steigerung von 10 bis 20 %. Bei der Kaffeeernte unterstützen sich die 12 Mitglieder-Familien gegenseitig, sie nennen es „cambio de mano“ – so brauchen sie wenige oder gar keine Erntehelfer*innen.
Doña Luz ist eine von mehr als 1.000 Frauen, die Mitglied der CENCOIC ist. Sie alle erhalten beim Aufkauf einen kleinen Bonus von der CENCOIC. Auch ihre 18-jährige Tochter hat Interesse am Kaffeeanbau und beginnt dieses Jahr, eigenen Pflanzen anzubauen. Den Kaffee von den Frauen der CENCOIC könnt ihr in unserem starken Espresso Tierra y Luna probieren.
Insgesamt haben wir heute viel gelernt – vor allem, dass Kaffeeanbau eine sehr harte, intensive Arbeit ist, die viel Wissen, Sorgfalt und Engagement braucht … und daher auch Kaffeepreise, die den Kleinbäuer*innen ein Leben in Würde und ökonomischer Sicherheit ermöglichen.