Heute sind wir begleitet von der CENCOIC in das indigene Selbstverwaltungsgebiet San Lorenzo de Caldono gefahren. Dort haben wir die Produzent*innen-Gruppe ASPROLE getroffen haben. Von der Landstraße Panamericana abgebogen, ging es über die Berge, vorbei an vielen Kaffeepflanzungen über einen Fluss und wieder hoch in die Berge. Als wir in der Lagerhalle von ASPROLE ankamen, erwarteten uns unter anderem eine Kindermusikgruppe mit Gitarren, Panflöte und Trommeln. Alle haben zu ihren Liedern mitgesungen und mitgetanzt.
Nacheinander stellten die vier Koordinator*innen der Produzent*innen-Gruppe sich und ihre Gruppe vor. ASPROLE ist mit 350 Mitgliedern eine der größten Gruppen der CENCOIC. Neben der großen Lagerhalle mit Büroraum haben sie ein kleines Labor aufgebaut, in dem die Kaffee-Qualität direkt bei Ankauf getestet werden kann.
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Außerdem begrüßten uns eine der zwölf gewählten Vertreter*innen des indigenen Selbstverwaltungsgebietes San Lorenzo, in dem rund 15.000 indigene Nasa sich basisdemokratisch selbst regieren, sowie eines der Ratsmitglieder von „Sa‘th Tama Kiwe“, der Vereinigung der sechs Selbstverwaltungsgebiete im Landkreis Caldono. Um auszudrücken, was das indigene Selbstverständnis ihrer Arbeit ausmacht, sagte einer der anwesenden Amtsträger*innen: Wir denken mit dem Herz und arbeiten für das Vorankommen unserer Gemeinden.
Die Amtsträger*innen sowie Vertreter*innen der Jugendgruppe und der Frauengruppe des Selbstverwaltungsgebietes berichteten uns auch über die derzeitige Situation, ihren Widerstand und ihre beeindruckende Organisierung. Wie in vielen Regionen des Cauca, kämpfen verschiedenen bewaffneten Gruppen um die Kontrolle über die Gebiete und den Anbau von Pflanzungen, aus denen illegale Drogen produziert werden können. Ein großer Erfolg der Gemeinde ist, dass mit Hilfe der Guardia Indigena und der gesamten Gemeinde die Flächen des Selbstverwaltungsgebiets frei von diesen Anpflanzungen ist. Doch die bewaffneten Gruppen versuchen diesen Widerstand zu brechen.
Viele Jugendliche sind früher in die großen Städte oder in andere Regionen migrieren, um dort als Haushaltshilfen oder Tagelöhner ausgebeutet zu werden. Aktuell verdingen sich viele junge Menschen als Tagelöhner in den illegalisierten Anpflanzungen oder werden von bewaffneten Gruppen zwangsrekrutiert, oftmals weil andere wirtschaftliche Möglichkeiten fehlen. Immer wieder muss die Gemeinde Särgen mit ihren jungen Menschen in Empfang nehmen.
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Die Jugendgruppe versucht, dieser Situation zu begegnen: Es fordert die Mitsprache der Jugendlichen in der Selbstverwaltung ein und stellt mittlerweile eine*n eigene*n Vertreter*in im Rat der Gemeinde. Ebenso wird durch kulturelle Aktivitäten die eigene indigene Identität und die Verbundenheit mit der Gemeinde gestärkt. Insbesondere der Erhalt der Sprache Nasa Yuwe ist der Gemeinde und der Jugendgruppe ein wichtiges Anliegen. Außerdem haben sie überall im Ortskern wunderschöne Wandgemälde gemalt und sie kümmern sich um den Schutz der Naturschutzgebiete innerhalb des Selbstverwaltungsgebietes.
Ein weiterer Ansatzpunkt der Gemeinde ist die Stärkung der eigenen, gemeindebasierten und solidarischen Wirtschaft. Es gibt unter anderem eine von der Gemeinde verwaltete Getränkefabrik, eine WhatsApp-Gruppe in der geldfreier Tauschhandel betrieben wird und überschüssige Lebensmittel verschenkt werden, eine eigene Naturheilmittelherstellung und eben die Produzent*innen-Gruppe ASPROLE. So sollen für alle Bewohner*innen des Selbstverwaltungsgebietes, aber vor allem die jungen Menschen wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen werden.
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Am Nachmittag durften wir einen Ort für die Kinder und Eltern der Gemeinde kennenlernen. Dort können die kleinsten Bewohner*innen der Selbstverwaltung hinkommen und vermittelt durch ältere Gemeindemitglieder die Kultur, die Musik, die Sprache und das Weltverständnis der Nasa kennenlernen. So werden sie früh in ihrer Identität und ihrem Widerstand gestärkt. Wir haben in einer Tulpa, einem spiritueller Ort des Zusammenkommens, am Feuer mit den Kindern Lieder gesungen, und unter Anleitung eines Gemeindeältesten eine kleine Zeremonie an einem heiligen Baum, dem Saak Helu, der für die Kraft und Fruchtbarkeit der Natur steht, gemacht.
Nach einem vollen und beeindruckenden Tag sind wir dann wieder die Berge hoch und runter zur Finca der CENCOIC gefahren.