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Tag 6: Katzenbilder und Liquiditätsprobleme

Ausschlafen tut so gut, auch wenn ich schon wieder um 4 Uhr aufgewacht bin, genug Schlaf war es allemal. 

Zum Frühstück aßen wir sehr leckeres französisches Brot, das wir in einer handwerklichen Bäckerei in Vilcabamba gekauft hatten. Dazu reife Avocados.

Danach ging es im Pickup auf der Ladefläche in wilder Fahrt 20 km nach Süden auf die Finca des Top-Produzenten Felipe Luzon. Auf einer seiner Parzellen baut er die hier neu eingeführte Varietät Nestlé an. Sie hat eine doppelt so hohe Produktivität wie die Typica Mejorada, ist pilzwiderständig und kleinwüchsig, was die Ernte erleichtert. Meine bisherigen Erfahrungen nach kommt sie auf bis zu 86 Punkte beim Cupping. Die Erträge auf dieser Parzelle sind sehr hoch, bis zu 40 Zentner pro Hektar sind hier zu erwarten. Als deutlichster Unterschied zu den bisher von uns besuchten Kaffeefeldern auf der westlichen Seite der Anden gibt es hier viel weniger Schattenbäume. Sie sind nicht unbedingt nötig. Normalerweise ist es hier auf dieser Seite viel regnerischer und weniger sonnig. Diesen Sommer aber nicht. Bewässerungssysteme gibt es nicht.

Zu Hause bei Felipe bekamen wir sehr leckere Hühnersuppe, ausschließlich aus Zutaten aus dem Garten gekocht. Für Unterhaltung sorgte Felipes grüner Papagei, den er als Küken im Garten gefunden hatte. Er hat sich mit der Katze des Hauses angefreundet und kann auch ein wenig sprechen. Das sorgt für gute Tierbilder für unseren Reisebericht. Tiere gehen immer. 

Nachmittags nahm ich an einer Online-Konferenz mit den verschiedenen involvierten NGOs und dem Kooperativenverband teil. Dieses Treffen verzögerte sich eine halbe Stunde, weil das Zuckerrohrfeld, das direkt an FAPECAFES angrenzt, komplett in Flammen stand. Wieder hatte ein Bauer kontrolliert sein Feld abfackeln wollen. Der angrenzende Flughafen wurde schnell evakuiert, nach einer halben Stunde kam die Feuerwehr. Die Konferenz konnte beginnen. Das Ziel der Konferenz war, alle zusammen zu bringen und Hilfe für die Brandopfer von Quilanga organisieren. Wir waren uns einig, dass unsere Hilfe den in der Genossenschaft organisierten neun Produzierenden zugutekommen soll.  Das Treffen verlief sehr effizient, motivierend und lösungsorientiert. Ramiro, der Techniker von der PROCAFEQ erstellt einen Plan, der die notwenigen nächsten Schritte und die Kosten dafür auflistet. Wir treffen uns in acht Tagen wieder in dieser Runde. Erste konkrete Zusagen wurden gemacht.

Direkt bei Treffen kam die gute Nachricht rein: der Waldbrand ist unter Kontrolle.

Nachmittags trafen wir uns wieder in der Bodega der Genossenschaft APECAP. Wir besprachen, wie bei jedem Treffen mit den Genossenschaften, was wir an der Zusammenarbeit verbessern können. Ein wesentlicher Wunsch war, dass wir uns gemeinsam Gedanken machen, wie wir die in den Genossenschaften reichlich vorhandenen Microlots, also kleine Mengen Rohkaffees außergewöhnlicher Qualität, vermarkten könnten. Wir versprachen, uns darüber gemeinsam Gedanken zu machen und Modelle zu entwickeln. 

Ein weiteres Thema ist die Liquidität der Genossenschaften. Quijote Kaffee ist die einzige Käuferin, die die Käufe vorfinanziert. Dadurch entstehen Liquiditätsengpässe und es kommt immer wieder dazu, dass die Produzierenden, obwohl sie Kaffee bereithalten, diesen nicht an ihre eigene Genossenschaft verkaufen können. Und ihn daher an Zwischenhändler abgeben müssen. Das ist fatal und schwächt die eigene Organisation. Für uns ist das zwar eine schöne Bestätigung unserer Geschäftspolitik. Verstärkt aber unsere Verpflichtung, dieses Thema innerhalb der Kaffeeindustrie noch mehr auf den Tisch zu bringen. 

Der Tag und die Treffen verliefen in außergewöhnlich entspannter und freundschaftlicher Stimmung. Diese Reise verläuft bis auf den Waldbrand bisher sehr entspannt. Selten waren unsere Treffen so konstruktiv.